Die Entstehung der Rohrpost

In Zeiten der Digitalisierung ist es kaum vorstellbar, wie Briefe vor mehr als 150 Jahren transportiert wurden. Mittels der Rohrpost war es schon damals möglich, kleinere Gegenstände, Telegramme und Postsendungen in kleinen, zylindrischen Behältern mit Druckluft durch Röhren von A nach B transportieren zu können.

Als Erfinder der Rohrpost gab es einmal den schottischen Ingenieur William Murdoch, der später für das Unternehmen „London Pneumatic Dispatch“ das System entwickelte. Des Weiteren wird aber auch der dänische Ingenieur Gerorg Medhurst genannt. Gerorg Medhurst soll als erster im Jahr 1810 die Druckunterschiede zur Beförderung genutzt haben. Das erste Patent wurde Josiah Latimer Clark im Jahr 1854 für den Transport von Briefen und Paketen per Rohrpost vergeben. Er hat auch das erste städtische Rohrpostsystem in London installiert. Diese hatte eine Länge von 220 Yard (ca. 200 m) lange Verbindung zwischen der London Stock Exchange und dem Central Telegraph Office.
Clark gründete später mit T.W. Rammel die Pneumatic Despatch Company, die im Jahr 1861 eine 30 Zoll (76,2 cm) Röhre baute, in der Lasten bis zu 3 Tonnen transportiert werden konnten. Diese Pneumatic Dispatch Railway war bis 1874 in Betrieb.

Ähnliche Anlagen gab es in New York die 1867 erbaut wurde mit einer Länge von 107 Fuß (32,6 m) und einem Durchmesser von 6 Fuß (1,83 m). Die Anlage von New York wurde von Alred Ely Beach erbaut, diese konnte zwölf Personen transportieren.

Eine weitaus größere Anlage mit 312 Fuß (95 m) länge und 9 Fuß (2,74 m) Durchmesser, entstand 1869/1870 im Felsen unterhalb des Broadways.

1853 wurde die erste pneumatische Rohrpostanlage im Central Telegraph Office zur Beförderung von kleineren Gegenständen, Telegramme und Postsendungen in kleinen, zylindrischen Behältern mit Druckluft durch Röhren von A nach B transportieren zu können. Somit gesehen wird postalisch gesehen die erste Rohrpost 1853 eingerichtet.

Im März 1875 wurde dann die Rohrpost in Wien und im Dezember 1876 in Deutschland eingeführt. Weitere Rohrpostnetze gab es in; Belgien, England, Schottland, Frankreich, Irland, Italien, Tschechien und Deutschland.

Die Fa. Siemens & Halske erhielt vom der königlich preußischen Telegraphendirektion den Auftrag zum erbau eines Rohrpostsystems in Berlin. Die erste Linie der Pneumatischen Depeschenbeförderung wurde am 18. November 1865 in Betrieb genommen. Diese verlief vom Haupttelegraphenamt in der Französischen Str. 33 b/c und der Telefgraphenstation in der Berliner Börse in der Burgstr. Ecke Neue Friedrichstr.)
Damit wurde der eigentliche Impuls für die Entwicklung des Rohrpostsystems deutlich: Hierbei ging es um die schnelle Beförderung von Börsennotierungen, die aus dem In- und Ausland im Haupttelegraphenamt ankamen oder von der Berliner Börse in die Welt gesendet werden sollten.
Im März 1868 kamen noch die Telegraphenämter am Potsdamer Platz und Brandenburger Tor hinzu. Mittlerweise betrug das Rohrpostnetz in Berlin 18 km. Postkarten und Briefe mit einem Gewicht von 20 gr. (Maximalmaß: 14 cm × 9 cm) versendet werden.

Uebersichtskarte

Im Dezember 1876 betrug die Gesamtlänge des Rohrpostnetzes ca. 26 km, da weitere 15 Rohrpostämter mit eingebunden wurden und somit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Somit konnten 1940 erreichte es eine Strecklänge von ca. 400 km und rund 79 Post- und Telegraphenämter waren nun angeschlossen. Im Jahr 1976 wurde der Betrieb für die Öffentlichkeit eingestellt und in Ost-Berlin wurden noch bis 1986 Telegramme per Rohrpost zugestellt.

rohrpostnetz berlin

 

 

 

Während den alliierten Luftangriffen des zweiten Weltkrieges wurde das Rohrpostnetz in Berlin beschädigt bzw. zerstört. Der Betrieb einiger Rohrpoststrecken im Zentrum Berlins ist jedoch bis Ende März 1945 belegt. Bei einigen Rohrpoststrecken konnte belegt werden, dass Sie bis März 1945 in Betrieb waren. Bis zur Kapitulation am 8. Mai 1945 war die Rohrpost Berlin in Betrieb.

 

 

 

 

Beschreibung eines Rohrpostbeleges

rohrpost beleg

Aufgegeben wurde diese Postkarte vom Rechtsanwalt Thiel, der beim den Landgerichten I, II und III ansässig ist. Diese Postkarte wurde beim Postamt 54 aufgegeben, wo gleichzeitig das Rohrpostamt 11 ansässig ist.

aufgabestempel

 

 

 

Auf dem gezeigten Beleg wurde als Aufgabestempel noch der ältere Kreis-Stegstempel des Postamtes N 54 verwendet. Er hat als Uhrzeit 5:40 N eingestellt. Diese Stempelform ist nur bei der Berliner Rohrpost verwendet worden und wurde um 1886 eingeführt (damals noch mit römischen Ziffern für eine Viertelstundeneinstellung). Da damals noch Telegrafen- und Postbetrieb getrennt waren, und die Rohrpost zum Telegrafenbetrieb gehörte, wurde eine Doppelangabe gemacht: in meinem Fall war es das Rohrpostamt 11 (= R 11), das sich im Postamt N54 (= P 54) befand. Später wurden Telegrafie und Post vereinigt, damit fiel diese Doppelbezeichnung weg. Die Rohrpostbetriebsstellen wurden nun nur noch nach der Postamtsnummer adressiert.

 

 

 

 

Mit der Einführung der Normstempel („Schweizer-Stempel“ oder Zweikreis-Brücke-Gitter-Stempel) wurden auch die Rohrpostbetriebsstellen sukzessive mit diesem Stempel ausgestattet. Die älteren Stempel wurden somit um 1900/02 von den neuen Stempeln verdrängt. Wie bei meinem Beleg, wurde sie gelegentlich - bis weit in die Inflationszeit - als Aushilfsstempel weiterverwendet.

 

ankunftsstempel

 

 

Als Ankunftsstempel wurde vom Postamt W 30 ein Normstempel abgeschlagen. Wie man erkennen kann, trägt er die Zeitangabe '6 10 N', also ebenfalls eine 10-Minuten Angabe. Die ‚normalen' Poststempel hatten eine Stundenangabe (z.B. '6-7 N’). Das sowohl Aufgabe- als auch Ankunftsstempel abgeschlagen wurden, war eine Vorschrift der Rohrpost. Damit konnte unter anderem die Laufzeit nachvollzogen werden.

 

 

 

 

 

 

leitvermerk

 

 

 

Die Zahl „30“ links oben, ist der sogenannte Leitvermerk. Damit wurde das Zielrohrpostamt benannt, in Ihrem Fall das Postamt 30. Die Leitvermerke waren früher (bis ca. 1890) meistens blau, danach aber fast einheitlich orange/rot.

 

 

 

 

Es gab zunächst nur je eine Gebühr für Karten und Briefe. Erst später gab es für die Rohrpost in München zwei Gewichtsstufen bei den Briefen. Man muss aber BEACHTEN, dass bis ca. 1921 der Rohrpost-Taxbezirk ein eigenständiger Taxbezirk war! Es gibt eine weitere Besonderheit: wurde die Sendung aus dem Rohrpostbezirk hinaus gesendet, bzw. von Außerhalb in den Rohrpostbezirk hinein gesendet, so war zusätzlich zur Rohrpostgebühr noch das Porto- bzw. die Gebühr für die normale Sendung zu bezahlen.
Wurde z.B. eine Karte aus Berlin hinaus in eine der Vororte geschickt, der nicht ans Rohrpostnetz angeschlossen war, so kam noch 5 Pfg. - oder ggf. 2 Pfg. als ermäßigtes - Porto hinzu. Was aber sehr verwirrend sein kann, ist die Tatsache, dass häufig auch Eilsendungen innerhalb Berlins, ohne besonderen Gebührenansatz mit der Rohrpost befördert wurden.

 

befoerderungsweg

 

 

 

Beförderungsweg des Beleges mit der Rohrpost
 
Einwurf Rohrpostamt 11, weiter an dasRohrpostamt 10, Weiterleitung an das Rohrpostamt 9, weiter an das Rohrpostamt 1 und zum Schluss als Ankunftsort Rohrpostamt 30.

Information

Briefmarkensammlerverein e.V. Speyer

Markus Steuerwald
Van-Leyden-Str. 19
67061 Ludwigshafen

Mobil: 0178 843 74 28
Festnetz: 0621 / 12284770
E-Mail: 1.Vorsitzender@bsv-speyer.de

 

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